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Lernen Mädchen besser als Jungen ?
Zweifel am Prinzip der Koedukation
Die Koedukation, der gemeinsame Unterricht von Jungen und Mädchen, ist bei Lehrerinnen und Wissenschaftlerinnen in die Kritik geraten. Während in den 60er und 70er Jahren die Aufhebung der Geschlechter-
trennung in der Schule als wichtige pädagogische Reform gefeiert wurde, wird in der Erziehungswissenschaft heute vermehrt auf die Nachteile verwiesen: Mädchen werden im Unterricht in die zweite Reihe gedrängt, Jungen werden aggressiver.
Eine Fachkonferenz der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Hamburg griff diese Kritik jetzt auf und zeigte Wege, den gemeinsamen Unterricht von Jungen und Mädchen zu verbessern. „Wir wollen kein Zurück zur Nonnenschule oder zum Mädchenpensionat”, so B. Naumann vom GEW-Hauptvorstand. Lehrerinnnen berichteten auf der Tagung von neuen Unterrichtsversuchen in Hamburg und Berlin. Dort waren gemischte Klassen für einige Stunden in der Woche wieder nach Geschlechtern getrennt unterrichtet worden, in Chemie, Physik, Biologie und Sport.
Erste Ergebnisse: Mädchen beteiligten sich stärker am Unterricht und wurden selbstbewußter. Die Jungen arbeiteten sachorientierter und ruhiger. Sie zeigten „weniger Imponierverhalten”. Aber auch in den gemeinsamen Schulstunden verbesserte sich das Klima zwischen den zwölf - bis vierzehnjährigen Mädchen und Jungen. Auch kam es deutlich zu weniger Gewalttätigkeiten. Um das Selbstbewußtsein der Mädchen zu stärken, wurden ihnen Selbstverteidigungskurse angeboten. „Die hat gedroht, sie bricht mir die Knochen, wenn ich sie weiter ärgere”, beschwerte sich danach ein Junge bei seiner Lehrerin. Doch die Hänseleien in der Klasse wurden weniger.
Wenn Jungen und Mädchen zusammen unterrichtet werden, verstärkt dies bei beiden die klassische Geschlechrterrolle, berichten Pädagogen. Die Jungen stellen sich deutlicher in den Mittelpunkt, verfallen in Imponiergebärden und werden lauter und aggressiver. Mädchen werden dagegen stiller und nehmen sich zunehmend zurück. Weil der Lehrer seine Aufmerksamkeit hauptsächlich für die rabaukenhaften Jungen braucht, kommen die Mädchen bei der Zuwendung zu kurz. Sie werden zu „sozialen Schmierstoff” in schwierigen Klassen. Gern wird von Lehrern ein nettes, stilles Mädchen neben den Klassenrüpel gesetzt, um ihn ruhigzustellen. Bei den Unterrichtsversuchen sollten die Jungen von Lehrern, die Mädchen von Lehrerinnen unterrichtet werden. Dies stieß bei den Männern im Lehrerkollegium auf Widerstand. Die Lehrer wollten keine reinen Jungenklassen, berichteten ihre Kolleginnen. Viel lieber hätten die Männer die Mädchenklassen übernommen.
Die Schulversuche sollen nur der Anfang für eine neue Debatte über die Koedukation sein, so B. Naumann.
LESEVERSTEHEN Aufgabe 2:
Ergänzen Sie in folgendem Raster die fehlenden Informationen. Lesen Sie dazu den Artikel oben.
1. die Bewertung der Koedukation früher und jetzt ______________________________________________________
2. Zielsetzung einer Fachkonferenz der GEW _________________________________________________________
3. neue Versuche im Unterricht_____________________________________________________________________
4. die beobachtete Veränderung am Verhalten der Jungen________________________________________________
5. die Aufgabe der Selbstverteidigungskurse__________________________________________________________
6. die Folgen des gemeinsamen Unterrichts____________________________________________________________
7. die Ursache für die Benachteiligung der Mädchen____________________________________________________
8. Anlaß für die Kritik durch die Lehrer_______________________________________________________________
9. die Wünsche der Lehrer bezüglich der Klassen______________________________________________________
10. die Rolle der neuen Schulversuche_______________________________________________________________
Lösungen zu Koedukation
jdn in die zweite Reihe drängen - jdn benachteiligen
eine Kritik aufgreifen - e Kritik aufnehmen und sich mit ihr befassen
das Imponierverhalten - ein Verhalten, mit dem man jdn beeindrucken will
die Hänseleien - ( hänseln - unter Kindern verspotten, diskriminierend ärgern)
das Gebärde - ausdrucksvolle Geste
sich zurücknehmen - andere vorlassen
rabaukenhaft - rücksichtslos un laut, rowdyhaft
der Schmierstoff - Öl (sorgt dafür, daß eine Maschine „reibungslos” funktioniert)
der Klassenrüpel - der ungezogenste Junge in einer Klasse
die Zuwendung - liebevolle Aufmerksamkeit, Beachtung